Wer war Hans Waldmann ?
Nur wenige Personen wurden über die Jahrhunderte so
kontrovers dargestellt wie der Zürcher Feldherr,
Staatsmann, Ritter und nachmalige Freiherr von
Dübelstein, Hans Waldmann. Durch dessen Wirken
konnte sich der Staat Zürich nach den Burgunderkriegen
erneut in das Geflecht der «eidgenössischen»
Landfriedensbünde integrieren und avancierte zu einer
Hegemonialmacht sowie zu einem Scharnierort zwischen
den eidgenössischen Orten und den damaligen
europäischen Grossmächten, namentlich Frankreich und
dem Heiligen Römischen Reich.
Hans Waldmann wurde im Jahre 1435 im heute dem
Kanton Zug zugehörigen Blickensdorf geboren. Mit seiner
früh verwitweten Mutter und seinen beiden Brüdern zog er
nach Zürich und erwarb dort, 1452, das Zürcher
Bürgerrecht. Über die ersten Jahre Waldmanns in Zürich
ist bisher wenig bekannt. Es scheint jedoch, dass
Waldmann zunächst, möglicherweise am
Fraumünsterstift, mit dem er sich zeitlebens verbunden
fühlte, erste schulische Bildung erhielt, um schliesslich
Lehren als Gerber- und Schneidergeselle zu absolvieren.
Durch den Eintritt in den Solddienst im Jahr 1458 begann
Waldmann seine militärische und politische Karriere. So
beteiligte er sich bereits als Jugendlicher an verschiedenen
Kriegszügen, etwa, zusammen mit den sieben eid-
genössischen Ständen Zürich, Luzern, Uri, Schwyz,
Unterwalden, Zug und Glarus bei der Eroberung der
habsburgischen Landgrafschaft Thurgau. Weitere militärische
Erfahrung sammelte Waldmann als Hauptmann und Fähnrich
im Dienste des Bischofs von Augsburg. Waldmanns Intelligenz,
sein kluges strategisches Denken und Handeln und nicht
zuletzt sein Mut liessen ihn rasch die militärische Karriereleiter
emporsteigen.
Die Heirat Hans Waldmanns mit Anna Landolt, der Witwe des
Einsiedler Amtmanns Ulrich Edlibach und Mutter des späteren
Chronisten Gerold Edlibach, 1464, brachte ihm weiteren,
bedeutenden gesellschaftlichen Aufstieg. Waldmann wurde
Eisenhändler und profitierte als Nachfolger Ulrich Edlibachs, in
der Position des Einsiedler Amtmannes, vom hohen Ansehen
dieses Amtes sowie der damit einhergehenden, hohen
finanziellen Erträge und dem damit verbundenen Sitz in der
Seine politische Karriere führte Hans Waldmann im Jahr 1473 ins Amt des Zunftmeisters der Zunft zum Kämbel und
damit verbunden, zum Mitglied des Kleinen Rates, der eigentlichen Führungsschicht des Stadtstaates Zürich. Drei
Jahre später, 1476, liess Waldmann, im Amt des Bauherrn, die Wasserkirche im Stil der Hochgotik neu errichten. Im
selben Jahr, nach dem Sieg in der Schlacht von Murten, schuf sich Waldmann auch seinen Ruf als Feldherr, als
Anführer des «eidgenössischen» Hauptkontingents. In deren Zuge wurde er zum Ritter geschlagen und triumphierte
ein Jahr später in der Schlacht von Nancy über den Burgunderherzog Karl den Kühnen. Die durch den Sieg gegen
Burgund demonstrierte Stärke führte dazu, dass die eidgenössischen Stände zu begehrten Bündnispartnern – etwa
des Königreichs Frankreich, des Herzogtums Mailand, des habsburgischen Herrscherhauses oder desPapstes –
wurden. Waldmann verhandelte als Gesandter im Auftrag der Tagsatzung seither mit zahlreichen europäischen
Fürsten – etwa Kaiser Maximilian I. aus dem Hause Habsburg, dem französischen König Ludwig XI. oder den
mailändischen Herzögen aus der Familie der Sforza – auf Augenhöhe.
1480 bekleidete Hans Waldmann das Amt eines der drei Oberzunftmeister, die als Statthalter des Bürgermeisters
amteten, bevor er 1483 selbst Bürgermeister wurde. Dieses Amt musste Waldmann zunächst noch mit Heinrich
Göldli und Heinrich Röist teilen, konnte nach dem Ausscheiden Göldlis im Jahre 1486 die Herrschaft über Zürich
jedoch weitestgehend selbst ausüben.
Im Zuge der einsetzenden Reformationsbestrebungen des Humanismus und der Renaissance lagen die politischen
Ziele Waldmanns bereits in einer Professionalisierung der Zürcher Verwaltung, etwa durch die Vereinheitlichung der
Zürcher Rechtsverhältnisse und den Erlass von Mandaten. Überdies nahm Waldmann Einfluss auf die städtische
Wirtschaftsführung, insbesondere auf jene der Fraumünsterabtei. Zudem stellte der überaus fromme Waldmann den
städtischen Klerus – aufgrund des Sittenzerfalls – im Rahmen von Sittenmandaten unter Aufsicht und befürwortete
eine Abschaffung des Söldnerwesens. Waldmann erkannte also bereits Problemkreise und nahm die Lösung von
Problemen vorweg, wie sie wenige Jahrzehnte später, in der Reformation, etwa durch Huldrych Zwingli und Heinrich
Bullinger wieder thematisiert werden sollten.
Nebst seinen militärischen Siegen, die Waldmann
international grosse Anerkennung einbrachten,
verzeichnete er ebenfalls zahlreiche Erfolge als
Diplomat, wodurch ihm namhafte Geldbeträge
zuflossen. Diese Erträge hatten einen wesentlichen
Anteil an der Bildung seines grossen Vermögens.
Eine Festigung seiner gesellschaftlichen Position
erreichte Waldmann insbesondere aufgrund des
Einsatzes seines Vermögens für kirchliche Zwecke –
etwa der Stiftung eines Votivbildes am Fraumünster.
Wie die neuste kunsthistorische Forschung zeigt,
bewegte sich Waldmann mit der Stiftung dieses
Votivbildes und der Ausführung desselben durch
einen (unbekannten) Künstler von damals
internationalem Rufe sowohl qualitiativ wie
ikonographisch auf dem damals in Europa
höchstmöglichen Niveau. Waldmanns diplomatisches
Wirken zugunsten des Standes Zürich und der
Vergrösserung dessen Einfluss- und Machtbereichs führten jedoch zu Spannungen innerhalb des regionalen und
überregionalen Machtgefüges, insbesondere mit den umliegenden Bündnispartnern. Auch innenpolitisch – und dies
ist stets im Zusammenhang mit den aussenpolitischen Bestrebungen Waldmanns zu sehen – stand er vermehrt
unter Druck, etwa seitens der Constaffel, deren Angehöriger, Röist, Waldmann aus dem Bürgermeisteramt
verdrängte und deren Einfluss Waldmann zugunsten der Handwerkerzünfte allmählich zu verringern begann. Auf
Druck seiner aussen- und innenpolitischen Gegner wurde Waldmann im Zuge eines Putsches schliesslich
entmachtet und am 6. April 1489 hingerichtet.
Quellenverweis: ERNST GAGLIARDI, Hans Waldmann und die Eidgenossenschaft des 15. Jahrhunderts, 1912; RETO DUBLER et al. Vom Dübelstein zur
Waldmannsburg, 2006; OTTO SIGG, Hans Waldmann, der 1489 hingerichtete Zürcher Bürgermeister, 1989;
CHRISTIAN BADER, Die Burgruine Wulp bei Küsnacht ZH, 1998
adligen Gesellschaft zur Constaffel. Als Handwerker und sozialer Emporkömmling wurde er in der Constaffel jedoch
nicht akzeptiert, was seinen gesellschaftlichen Aufstieg bremste. Aus diesem Grund wurde Waldmann zum
Verfechter einer weiteren Verstärkung des Einflusses der Handwerkszünfte.